Im Herzen des ökologischen Bauens steht die harmonische Verbindung zwischen Mensch und Natur. Dieses Streben nach Gleichgewicht und Nachhaltigkeit führt uns zur kritischen Betrachtung traditioneller Baumaterialien, darunter auch Gips. Gips, als ein Rohstoff der Erde, bietet auf den ersten Blick zahlreiche Vorteile in der Bauindustrie. Doch bei genauerer Betrachtung seiner Gewinnung und Verwendung offenbaren sich Aspekte, die im Einklang mit ökologischen Werten hinterfragt werden müssen.
Ursprung und Gewinnung von Gips
Gips, chemisch bekannt als Calciumsulfat-Dihydrat, wird überwiegend durch den Bergbau gewonnen. Dieser natürliche Stein wird in großen Mengen gefördert, zerkleinert und durch Erhitzung in einen verwendbaren Zustand überführt. In den natürlichen Gipsabbaugebieten, die oft wertvolle Biotope darstellen, hat die Gewinnung von Gips tiefgreifende Auswirkungen auf die Ökosysteme. Weniger einschneidend zeigt sich der Untertage-Abbau, der in Regionen wie dem Pariser Becken praktiziert wird, aus welchem der Stein stammt, der Paris seine unverwechselbare Gestalt verleiht.
Ein alternativer Weg zur Gipsbeschaffung ist die Gewinnung aus der Rauchgasentschwefelung von Braun- oder Steinkohlekraftwerken. Bei diesem Prozess wird Gips als Nebenprodukt gewonnen, indem Schwefel aus den Abgasen mittels Branntkalk herausgefiltert wird. Dieser sogenannte REA-Gips steht in der Qualität hinter dem Naturgips zurück, dennoch ist seine Nutzung aus ökologischer Sicht positiv zu bewerten. Mit dem geplanten Ende der Kohleverstromung in Deutschland wird jedoch diese Gipsquelle verschwinden. In Zukunft wird Gips wahrscheinlich immer mehr recycelt werden. Derzeit landen 45 % der verwendeten Gipse nach einer sehr kurzen Verwendung bereits auf der Deponie. Dieses Potenzial wird wirtschaftlich wertvoller werden, der Druck für Recycling Lösungen steigt somit.
Die Dualität von Gips im Bauwesen
Gips als Baumaterial ist in seiner Anwendung vielseitig und verbreitet. Es dient als Putz für Wände, formt Decken und gestaltet Innenräume. Seine Eigenschaft, die Verarbeitbarkeit und die Haftfähigkeit eines Putzes positiv zu verändern, macht ihn zu einem geschätzten Material. Ein gipshaltiger Putz ist besser glättbar und schafft leicht gute Oberflächen. Doch Gips zeigt auch eine empfindliche Seite – seine Neigung, Feuchtigkeit zu absorbieren kann, wenn nicht sorgfältig kontrolliert, zu Schimmelbildung führen. Dies wirft ein Licht auf die Notwendigkeit, Materialien in ihrem Lebenszyklus vollständig zu verstehen.
Nachhaltige Überlegungen und Alternativen
Der Bergbau von Gips und dessen energieintensive Verarbeitung fragen nach unserer ethischen Verantwortung gegenüber der Natur. Die Begrenztheit natürlicher Gipsvorkommen und die ökologischen Schäden durch den Abbau fordern uns auf, nachhaltigere Alternativen zu suchen. Materialien wie Lehm oder Kalk haben ähnliche Eigenschaften wie Gips, bieten jedoch aus ökologischer und baubiologischer Sicht Vorteile. Sie sind nachhaltig, regulieren Feuchtigkeit natürlich und fördern ein gesundes Raumklima.
Ein Blick in die Zukunft
Die Herausforderung liegt darin, Gips nicht als Selbstverständlichkeit zu sehen, sondern als einen Teil eines größeren Ganzen. Wie bei allen Ressourcen ist der Schlüssel zur Nachhaltigkeit ein bewusster Umgang. Die Wahl des Materials, seine Herkunft und Verarbeitung, die Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Bewohner und die Umwelt sollten stets bedacht werden. In dieser reflektierten Betrachtung liegt der Weg zu einem wahrhaft nachhaltigen Bauwesen, das nicht nur Gebäude, sondern gesunde, lebensbejahende Umgebungen schafft.
In der Verbindung von traditionellem Wissen und moderner Technologie liegt eine große Chance für die Zukunft des Bauens. Gips, wie jedes Material, hat sowohl Licht- als auch Schattenseiten. Die Kunst wird sein, dieses Material so zu nutzen, dass es sowohl den Menschen dient als auch die Erde ehrt, die uns dieses Geschenk macht.
Warum haben wir trotzdem keinen Gips im Sortiment?
Gips mag zwar kein traditioneller ökologischer Baustoff sein, doch in der denkmalgerechten Sanierung historischer Gebäude erweist er sich manchmal als unerlässlich. In solchen Fällen mag ein Kalk-Gipsputz empfehlenswert sein. Im alltäglichen Bauen wird Gips oft eingesetzt, um die Kosten zu reduzieren, was es ermöglicht, Mittel für den Einsatz natürlicherer Materialien wie Lehm oder Kalk an anderer Stelle freizusetzen.
In unserem Sortiment führen wir jedoch bewusst keinen Gips, denn dieser ist allgegenwärtig und bedarf keiner speziellen Bezugsquelle für umweltbewusstes Bauen. Unsere Energie richten wir lieber auf nachhaltigere Alternativen, statt Gipsprodukte quer durch die Lande zu transportieren – eine Aufgabe, die wir gerne anderen überlassen.
Es könnte allerdings sein, dass wir in Zukunft einige spezielle Lösungen für die Restaurierung denkmalgeschützter Fassaden in unser Angebot aufnehmen. Dies bedarf jedoch einer sorgfältigen Überlegung, um sicherzustellen, dass wir unserer Philosophie der Nachhaltigkeit und der Wertschätzung historischer Substanz treu bleiben.