Tradition bewahren, Zukunft gestalten
Ein Gespräch über die ökologische Fachwerksanierung der 'Alten Scheune Satemin' mit Andreas Schoelzel


Hallo Andreas, danke, dass Ihr Euch mitten in der Sanierung Zeit für uns genommen habt. Magst Du Euer Projekt kurz vorstellen? Wer seid ihr? Seit wann und warum macht ihr das?


Meine Frau Brigitte und ich haben vor gut zwei Jahren die alte Scheune in Satemin gekauft, die seit den 70er Jahren leer stand und immer weiter verfiel. Wir wohnen ja im Rundling und kannten das Gebäude schon ziemlich lange. Als wir 2020 angefangen haben unser Wohnhaus zu sanieren, und uns mit den alten Fachwerkhäusern zu beschäftigen, haben wir uns die Scheune mal angesehen und  uns sofort in das Gebäude verliebt. Die alte Durchfahrtsscheune ist 1837 erbaut und neben der Kirche und dem Spritzenhaus das älteste Gebäude in Satemin. Sie wurde damals als Vierständer gebaut und fast im ursprünglichen Zustand erhalten.  Das hat uns imponiert, weil an unserem Wohnhaus, das wir seit den 1990er Jahren haben, viel rum gebaut und leider viel vom Fachwerk verändert und zerstört wurde. Deshalb hat uns die Scheune einfach total fasziniert. Dass sie so da steht, wie sie 1837 mal gebaut wurde. Jetzt sind wir seit letztem Herbst dabei, sie möglichst behutsam zu sanieren. Wir wollen so viel wie nur möglich sichtbar lassen von dem, was mal gebaut wurde und wie es mal gebaut wurde. Wir wollen aus der Scheune einen Ort für Kunst und Kunsthandwerk machen. Als wir das erste Mal in der Scheune waren, wussten wir sofort: Das darf kein Wohngebäude werden. Das soll öffentlich zugänglich sein. Zum Tag des offenen Denkmals im Herbst werden wir die Scheune zum ersten Mal der Öffentlichkeit zeigen. Sie wird noch nicht fertig sein, aber das Fachwerk ist repariert. Jetzt sind wir beim Dach und dabei die Lehmausfachungen neu zu machen. Man kann also schon was sehen.



Das Projekt ist gefördert worden. Magst du dazu was erzählen? 


Das Projekt ist Gott sei Dank gefördert worden. Wir haben eine gemeinnützige GmbH gegründet, die das Gebäude jetzt besitzt. Weil wir als gemeinnützig anerkannt sind, bekommen wir aus dem Topf, den es für die Rundlingsdörfer gibt, eine relativ hohe Förderung vom Amt für regionale Landesentwicklung, also Landes- und Europamittel. Die Sparkassenstiftung gibt auch noch etwas dazu. Ohne diese Unterstützung wäre es  nicht machbar. Das Bauen im Denkmal ist nicht günstig, aber es macht Spaß.


Erzählt uns etwas über eure Erfahrung bei der Fachwerksanierung. Was war schwierig? Was ging gut?


Fachwerk zu reparieren ist immer möglich. Die Scheune war ja fast eine Ruine. Statt auf vier Ständern zu stehen, wurde sie nur noch von den mittleren Wänden gehalten. Die äußeren Wände hingen praktisch in der Luft, weil die Schwellbalken, also die Eichenbalken, die das Fachwerk tragen,  weggefault waren. Aber die Zimmerer machen alles möglich. Was uns das größte Kopfzerbrechen bereitet hat, war die Statik, die wir für die Baugenehmigung brauchten. Wegen der Umnutzung von einem landwirtschaftlichen zu einem öffentlichen Gebäude musste eine statische Berechnung her, die anspruchsvoller ist als bei einer Umnutzung zu einem privaten Wohnhaus. Deshalb gab es dann größere Eingriffe in die Fundamente. Die alten Feldsteinfundamente sind leider komplett weg, da ist jetzt Beton drunter. Das war bitter, aber es ging nicht anders. Seitdem das Fundament drin ist und wir das Fachwerk dann richtig aufbauen konnten, geht es gut voran. Beim Fachwerk waren die Überraschungen geringer als gedacht. Der Dachstuhl kann glücklicherweise bleiben wie er ist, wird nur ein bisschen verstärkt. Weil die Baugenehmigung so spät im Jahr erteilt wurde, sind wir mit den Fundamentarbeiten in die regenreiche Zeit gekommen, das Grundstück ist sehr lehmig, deshalb war das irgendwann für die Maurer eine Schlammschlacht. Da haben wir sehr viel Zeit verloren. 


Wie seid ihr zum Lehm-Laden gekommen? Kanntet ihr den Lehm-Laden schon von der Sanierung eures Wohnhauses? 


Ja, wir kennen den Lehm-Laden und David schon von der Sanierung unseres Wohnhauses. Als wir da den Innenausbau gemacht haben, haben wir jede Menge Lehmputz im Lehm-Laden gekauft und waren sehr zufrieden. Wir haben erstens gutes Material und zweitens gute Hinweise und Tipps bekommen. Da haben wir viel selber gemacht und mit Maurern gearbeitet, die noch nicht so viel Lehmputz gemacht haben. Auch bei der Scheune hat David uns wieder sehr gut beraten. 


Habt ihr inzwischen Lieblingsprodukte aus dem Lehm-Laden?


Für die Scheune haben wir Lehmmörtel und jede Menge Lehmputz gekauft. Die Giebelseiten der Scheune sind mit Ziegeln gemauert. Wir haben auf der Nordseite mit Lehm gearbeitet und auf der Wetterseite mit einem Kalkmörtel. Das war ein schönes Arbeiten. Hat den Maurer sehr gefreut. Für den Lehmputz nehmen wir einen relativ groben Putz, auch als Oberputz, damit das Gebäude seine Rustikalität behält. Der alte Lehmputz, den wir innen erhalten können, hat viel und langes Stroh und Steinchen drin. Da wollen wir nicht so weit von weg. Der Lehm heute ist wesentlich feiner als der, den sich die Leute früher selbst angerührt haben. Wir gehen davon aus, dass die Bauersleute oder ihre Knechte, das damals selber verputzt haben. Der neue Putz hat eine ganz andere Optik als der alte Putz, den wir so zurückhaltend wie möglich reparieren. Aber der Lehmputz ist ein schönes Produkt. Die Verarbeitung macht allen Handwerkern Spaß, die damit arbeiten. Im Moment gehen wir davon aus, dass wir in der Scheune nichts streichen, sondern alles lehmsichtig lassen. Ansonsten hätten wir noch Lehmfarben gekauft.


Musstet ihr auch Ziegel zu kaufen? 


Nein. Wir haben die alten Steine selbst ausgebaut und gesäubert. Sie sind alle wiederverwendet worden. Wir hatten aus der Sanierung unseres Wohnhauses noch alte Steine, einige haben uns Nachbarn gegeben, sodass kein einziger neuer Stein reingekommen ist. Die südwestliche Traufseite, die zum großen Teil neu gemauert werden musste, haben wir auch mit alten Steinen gemacht. Bei der östliche Traufseite, die später mit Lehm verputzt wird, haben wir Lehmsteine aus dem Lehm-Laden verwendet. Auch innen wurden überall, wo neu ausgemauert werden musste, Lehmsteine verwendet. 


Danke für den Einblick in Eure Arbeit! Wir wünschen euch ganz viel Erfolg bei der Fertigstellung und Eröffnung der Alten Scheune. Wann können unsere Leser:innen die Scheune denn besuchen und besichtigen? 


Wir gehen davon aus, dass wir irgendwann im Laufe des Winters fertig sind. Am zweiten Septemberwochenende werden wir die Scheune erstmals der Öffentlichkeit zeigen. Da wollen wir die Baustelle aufräumen und sie im Rahmen des Kunstfestivals
Wagen und Winnen sowie am Tag des offenen Denkmals präsentieren. Einige unserer Handwerker:innen werden da sein und von ihrer Arbeit erzählen. Außerdem wird der Lehm-Laden Produkte und Baumaterialen für die ökologische und denkmalgerechte Sanierung vorstellen. Am 5. April 2024 wird die Scheune dann eröffnet.  Am 5. April 1937 war laut Inschrift auf dem Torbalken das Richtfest. Dieses Datum wollen wir aufgreifen und zum Anlass nehmen, die fertige oder die dann so weit fertige Scheune feierlich zu eröffnen.


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