Naturbaustoffe haben den großen Vorteil, dass sie bei ihrer Herstellung nicht so viel Energie brauchen
Ein Gespräch über energieeffiziente Sanierung, Naturdämmstoffe und staatliche Förderrichtlinien mit Stefan Neumann



D: Stefan, schön, dass Du da bist! 

S: Sehr gerne. Danke für die Einladung!

D: Wir beide kennen uns ja schon ganz schön lange, magst du dich unseren Lesern mal eben vorstellen?

S: Klar. In meiner ersten Ausbildung bin ich Zimmerer, dann habe ich Bauingenieurwesen studiert. Während des Studiums habe ich dann angefangen, mich mit Naturbaustoffen zu beschäftigen und habe während des Studiums u.a. bei der Lehmbauerin Renata Wendt gearbeitet. Während eines Auslandsaufenthaltes In Ecuador, Kolumbien und Venezuela habe ich dann das Bauen mit Bambus erlernt. Zurück in Europa habe ich dann mein Praxissemester bei LehmTon Erde von Martin Rauch in Österreich absolviert und meine Diplomarbeit über das Stampflehmhaus von Martin geschrieben. Die Bauleitung an Martins Haus habe ich dann auch nach dem Diplom übernehmen dürfen. Danach war ich mit Anna Heringer in Bangladesh, wo wir gemeinsam mit Studenten eine Schule und Wohnhäuser gebaut haben, das war auch eine sehr schöne Zeit. Als ich danach zurück in Deutschland war, habe ich mich selbständig gemacht und viele spannende Stampflehmprojekte und Lehmbaustellen gehabt, u.a. für den FNR oder in Xanten. Mit dem ersten Kind bin ich dann sesshaft geworden, und mein Arbeitsfeld hat sich erneut gewandelt. Jetzt mache ich in erster Linie Energieberatung und teilweise baubiologische Bauberatungen als freiberuflicher Ingenieur.

D: Als Energieberater hast du bestimmt viele Anfragen derzeit.

S: Ja, die Energiekrise habe ich schon bemerkt. Viele Menschen machen sich Gedanken über das Energiesparen durch Dämmung oder neue Heizungen.

D: Kannst du mir etwas von deiner Arbeit erzählen, wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

S: Ich bin viel in meinem Büro, dort mache ich die ganze Kalkulation und Dokumentation der Baustellen. Dann fahre ich aber auch auf die Baustellen, um im Vorfeld einer Energieberatung den Ist-Zustand festzuhalten, oder um zu prüfen, ob meine berechneten Aufbauten auch umgesetzt werden.

D: Glaubst du denn, dass die Qualitätssicherung nötig ist? Der Energieberater an sich ist doch schon zertifiziert und zugelassen, und somit ist der Aufbau doch im Vorfeld schon korrekt berechnet. 

S: Letztendlich ist eine Baubegleitung durch einen Energieberater ja nicht eine Sicherung der Qualität des Handwerkers. Das macht ja ein Architekt über die Bauleitung. Eine Baubegleitung ist ja nur dazu da, zu kontrollieren, dass die Dämmstärken bzw. der Standard erreicht wird, den der Fördergeber vorgibt, der förderfähig ist. Das wird kontrolliert. Ich kontrolliere ja nicht, ob die Fenster richtig eingebaut sind. Ich guck halt nur, ok, die Fenster, die eingebaut sind, entsprechen dem Standard, der vorher beantragt wurde: Also U-Werte, Dämmstandards usw., aber es geht nicht um die Qualität der Ausführung. 

D: Das heißt, wenn du ein Energieeffizienzhaus berechnest, dann definierst du vorher, was da an Dämmung rein muss und dann kontrollierst du hinterher, ob das eingebaut wurde. 

S: Genau, richtig. 

D: Aber bisher war es doch immer so, dass der Handwerker eine Unternehmererklärung abgeben muss, wo drin steht, dass er das so und so gemacht hat.

S: Ja, das ist aber nur zusätzlich. Im Zuge der Baubegleitung fährt man natürlich auch mal raus auf die Baustelle, macht mal ein Foto und guckt, ob dann auf der Dämmpackung, die da noch rumsteht, der Leitfähigkeitswert oder die Dämmdicke draufstehen. Die Fachunternehmererklärung dient der Sicherheit der Bauherren, musst Du aber vorerst nirgends einreichen. Die muss der Bauherr nur gut aufbewahren im Falle einer Prüfung, dass er das nachweisen kann. Dient letztendlich auch der Sicherheit des Handwerkers. Der kann dann sagen: Hier, habe ich eingebaut! Das ist schon alles auf mehreren Ebenen abgesichert. 

D: Und der Energieberater, der das machen darf, ist aber vorher auch schon zugelassen. Das dürfen halt nicht alle Energieberater einfach so rechnen. 

S: Genau, es gibt Listen bei BAFA und KfW. Und von dieser Liste muss der Bauherr, wenn er Fördergelder haben will, sich jemanden aussuchen. 

D: Und BAFA Und KfW sind zwei unterschiedliche Listen?

S: Nein, es ist dieselbe Liste. Es gab ja immer zwei Programme. Das eine war über BAFA und dann gab es noch die KfW. Jetzt mittlerweile ist es ein Programm, das nennt sich Bundesförderung für effiziente Gebäude( BEG). Die beiden sind zusammengeführt worden, aber die Zuständigkeit ist getrennt. Zuschüsse für Einzelmaßnahmen (also Heizung, Gebäudehülle wie z.B. Fenster, Dach,Wand) läuft alles über BAFA. KfW macht nur noch Kredite für Effizienzhäuser.


D: Eine Liste für zwei verschiedene Institutionen, die unterschiedliche Dinge Fördern, richtig?

S: Ja, genau.

D: Also diese KfW-Standards, die es früher gab, also KfW 55 oder sowas, gibt es gar nicht mehr? 

S: Doch, doch, die gibt es noch. KfW 40-kFW 85 sind Standards für ein Energieeffizienzhaus. Im Bestand KFW 85, 70, 55, 40. Im Neubau nur noch 40. 

D: Je höher die Zahl, umso schlechter. 

S: Genau. 

D: Und was sagt die Zahl nochmal?

S: Ja, das ist jetzt ein bisschen kompliziert. Es geht letztendlich um die Primärenergie. Es wird immer parallel zu dem Gebäude, was gebaut werden soll, ein Referenzgebäude vom Gebäudeenenergiegesetz definiert, was die gleiche Kubatur hat, die U-Werte der Gebäudehülle und die Anlagentechnik sind im GEG festgelegt. Und das Gebäude, was ich bauen will, muss ich dann mit dem Primärenergiefaktor prozentual auf dieses Referenzgebäude beziehen. Und die 40 bedeutet dann, dass es 40% der Primärenergie des Referenzgebäudes haben muss, also 60% besser sein muss als das Referenzgebäude, was das GEG vorgibt.

D: Ok. 

S: Die Zahl bezieht sich also nicht auf eine Verbrauchszahl oder so, sondern immer nur auf das Verhältnis von dem Gebäude, welches gebaut werden soll, zu einem Referenzgebäude. 

D: Und dieses Referenzgebäude ist sozusagen das Nonplusultra, das Beste vom Besten?

S. Nein, gar nicht. Es entspricht dem Durchschnitt oder der Norm. Das Referenzgebäude ist eine Art Standardgebäude.

D: Ah, es gibt also ein Referenzgebäude für alle unterschiedlichen Energieeffizienzklassen. Das Standardgebäude hat 100% und dann hat man halt die unterschiedlichen Prozente, die man verbessern kann. Dementsprechend je geringer die Zahl, umso besser. 

S: Ja, ein 40er ist 60% besser als das Referenzgebäude. Ein 85er nur 15%.

D: Ok. 

S: Man muss sich immer zwei Werte angucken: Die Primärenergie und die Transmissionswärmeverluste, wobei die Transmissionswärmeverluste sich immer auf die Gebäudehülle beziehen, also auf den Durchschnitt der U-Werte und auf die gesamte Gebäudehülle. Und die Primärenergie bezieht sich eigentlich eher auf die Anlagentechnik bzw. den Brennstoff, mit dem geheizt wird, z. B. Gas oder Biomasse 

D: Ah, aber nicht über die Primärenergie der Baustoffe.

S: Nein, Baustoffe haben damit nichts zu tun. Primärenergie oder “graue Energie” geht eigentlich überhaupt nicht mit ein. Noch nicht, das soll in Zukunft sinnvoller Weise mal so sein. Aber noch ist das nicht so.

D: Gibt es für öffentliche Gebäude nicht einen Bonus oder irgendwas, wo der Primärenergiefaktor ausschlaggebend ist?

S: Der Primärenergiefaktor ist abhängig von Deinem Energieträger, also Strom, Kohle, Gas, Holz.

D: Das heißt, jemand, der sein Haus mit einer Wärmepumpe beheizt und konventionellen Strom bezieht, hat einen schlechteren Primärenergiegehalt als jemand, der dann Ökostrom bezieht.

S: Ne, Strom wird definiert, also Strom ist eigentlich immer gleich. Dein Stromanbieter geht da nicht mit ein. Strom ist ja dann dein “Heizmaterial”, Du betreibst Deine Wärmepumpe ja mit Strom, also steht da dann 1,8 als Primärenergiefaktor. 

D: Und ist das gut?

S: Naja, geht besser. 1,1 glaube ich bei Holzpellets. Also die Biomasse, Photovoltaik und Solar sind schon besser. Aber Strom war bis vor ein paar Jahren deutlich schlechter bewertet. Aufgrund des höher werdenden Anteils von regenerativer Energie bei der Erzeugung von Strom ist der Faktor heruntergesetzt worden. Das ist natürlich auch mit ein Grund, warum die Wärmepumpen jetzt so beliebt sind, weil die in der Bilanzierung dann ziemlich gut abschneiden. 

D: Das heißt, der Strommix in Deutschland ist mit dafür verantwortlich, dass Wärmepumpen gerade so boomen. Spannend.

S: Das ist natürlich jetzt so eine Gemengelage: Jetzt sind die Gaspreise auch so gestiegen aufgrund des Ukrainekrieges. Da sind die Wärmepumpen natürlich noch konkurrenzfähiger geworden. Biomasse ist ja politisch jetzt mehr oder weniger ausgeschlossen bzw. deutlich schlechter bewertet, deutlich weniger Förderung wegen der Feinstaubemission und weil es gewisser weise auch endlich ist. Und deswegen hat man sich politisch jetzt entschieden, auf die Stromheizung zu setzen. Es gibt ja kaum noch was. Wir wollen von fossilen Brennstoffen weg, Kohle und Gas fallen also aus. Biomasse ist wegen Feinstaubemission auch nicht mehr gewünscht. Da bleibt nicht mehr viel: Es bleibt Photovoltaik, Solarthermie und natürlich die Wärmepumpe. 

D: Aber Wärmepumpen haben halt auch den großen Nachteil - sagt man oft - dass sie nicht ausreichen im Altbau, gerade in der Sanierung. Wie gehen Deine Kunden dann damit um? Alle wollen doch momentan Wärmepumpen haben, oder?

S: Ja, weil alle natürlich hören, dass das die Lösung ist. (lacht)

D: Denkst Du nicht, dass es die Lösung ist?

S: Naja, man muss sich jedes Gebäude halt genau ansehen. Man kann nicht pauschal sagen, geht oder geht nicht. Letztendlich sind die Wärmepumpenhersteller natürlich jetzt auch extrem in der Entwicklung. Da hat sich viel getan die letzten Jahre. Mittlerweile würde ich sagen, wenn man es schafft, ein Gebäude mit einer Vorlauftemperatur von 55 Grad maximal zu beheizen, dann funktioniert es.

D: Dann schon.

S: Ja, ich glaube, die Beheizung ist eher nicht das Problem. Es geht eher um die Warmwasserbereitung, weil du da natürlich deutlich höhere Vorlauftemperaturen brauchst für Warmwasser und das musst du halt für Dich lösen, weil du dann eventuell auf dezentral oder Nacherhitzung umsteigen musst.

D: Das heißt dann mit einem Durchlauferhitzer, also einfach mit Strom?

S: Ja, im Sommer bietet sich natürlich eine Kombination mit PV an.

D: Aber da muss man dann ja auch einen ordentlichen Pufferspeicher haben. Damit man von PV richtig was nutzen kann.

S: Das hängt natürlich wieder vom Gebäude ab und was für einen Strombedarf ich habe. Also in einem normalen EFH geht es, finde ich. Da braucht man jetzt nicht zwingend einen 
Speicher. Ist natürlich immer sinnvoll, aber die Größe ist halt nochmal die Frage. Der Speicher kostet auch viel Geld. 

D: Das heißt, du würdest eher gucken, dass du die Energie anders speicherst. Also tagsüber mit dem Strom aus OV Warmwasser erzeugen?

S: Ne, muss man ja auch speichern. Ne, also für die dezentrale Warmwassererzeugung würde ich kein Speichermedium verwenden. Also, nachts duschen die wenigsten. Ich glaube, ich würde dann eher mein Nutzerverhalten ändern. Duschen, wenn die Sonne scheint oder auf Solarthermie mit Speicher umsteigen. Von PV auf Warmwasser verliert man viel Energie in der Umwandlung. 

D: Klar, wenn die Sonne das Wasser direkt erwärmt, ist das auf jeden Fall effizienter. Ich würde gerne nochmal zurück zu den nachhaltigen Dämmstoffen und das die nicht gefördert werden und der eigentliche Dämmwert von ökologischen Baustoffen ja schlechter ist. Ist ja eigentlich ein großer Nachteil. Dennoch merke ich, dass die halt total boomen und alle Welt die haben will, weil einfach das Wissen da ist, das ist gut für das Gebäude, den Menschen und die Umwelt. Gibt es da irgendwie eine Idee dazu, wann es dafür Förderung gibt? Und warum machen die Leute es trotzdem und nicht jeder Glaswolle!?

S: Ja, es gibt natürlich ein verändertes Bewusstsein. Die Kunden merken, dass sie mit Naturbaustoffen etwas für die Umwelt tun. Der Klimawandel kommt ja nicht von irgendwoher, sondern daher, dass wir extrem viel Ressourcen verschwenden. Das haben inzwischen viel mehr Menschen begriffen. Naturbaustoffe haben halt den großen Vorteil, dass sie nicht so viel Energie brauchen bei ihrer Herstellung. Das wissen die Kunden. Außerdem glaube ich, dass viele das Gefühl haben, es kommt ihrer eigenen Gesundheit zugute. 

D: Das heißt, es ist nur das private Empfinden, was diesen Boom ausmacht. Es gibt keine finanziellen Anreize durch Politik, keine Förderung, kein gar nichts für ökologisches Bauen. Das ist ja echt ein Manko. 

S: Ja, also die graue Energie, die in die Baustoffe reingeht, soll ja langfristig in die Bewertung miteingehen, wie und an welcher Stelle die das dann machen, weiß ich nicht. Aber es soll dann mit bewertet werden. Ich weiß, dass es z.B. in Österreich so ein Punktesystem gibt, das könnte man ja hier auch machen. Aber wir haben hier natürlich eine ziemlich große Baustofflobby, die da natürlich dagegen steuert. Die haben natürlich Interesse daran, ihre Materialien weiter zu verkaufen.

D: Und Greenwashing machen. 

S: Ja, ich glaube ROCKWOOL wirbt auch damit, dass sie Naturbaustoffe verkaufen. (lacht)


D: Ja, da habe ich gar nichts mehr mit zu tun. Eine andere Welt.

S: Ja, klar. Leute, die Mineralwolle einbauen wollen, kommen nicht zu dir. Ich habe damit ab und zu schon mal zu tun. „Warum nehmen wir denn nicht die Mineralwolle?“

D: Fällt dir das schwer?

S: Ja, ich bin mit der Haltung angetreten, wenn Leute das machen wollen, dann mache ich das nicht. Jetzt hat mich der wirtschaftliche Druck natürlich doch dazu gezwungen, auch solche Aufträge anzunehmen, die ich sonst nicht angenommen hätte. Gerade in der Gründungszeit brauche ich fast jeden Auftrag. Wenn ich irgendwann mal in der Position bin, dass ich es mir aussuchen kann, dann lass ich die raus. Wenn dann jemand kommt, der sein Dach mit Mineralwolle dämmen will, dann halt nicht. Dann muss er sich jemand anderen suchen, gibt ja genug.

D: Und hast du Möglichkeiten in so einer Energieberatung irgendwo noch einen Freitext einzufügen oder eigene Bewertungen vornehmen sowas wie Langlebigkeit oder graue Energie einfach jetzt schon mit reinzunehmen?

S: Nein, ich versuche konsequent den Leuten zumindest bei den Dämmstoffen zu empfehlen, andere Materialien zu nehmen, also keine Mineralwolle! Da kommt man ja dann automatisch ins Gespräch. Wenn es dann um die Aufbaudicke z. B. im Dach geht und der Fördergeber einen U-Wert von 014W/m²K vorgibt, muss man schon ein bisschen mehr Dämmung einbauen. Und wenn ich jetzt eine Mineralwolle mit Wärmeleitgruppe 032 habe, dann brauche ich nur einen Aufbau von 28 cm. Wenn ich mit einer 040er oder 045er Dämmung arbeite, dann brauche ich eben 35. Das kann ja durchaus entscheidend sein, weil sich die ganze Konstruktion und Optik dadurch verändert. 

D: Hinzu kommen natürlich wirtschaftliche Gründe. Mehr Dämmung kostet mehr und ökologische Dämmstoffe sind nochmal teurer.

S: Klar, die Mineralwolle ist billiger und ich brauche weniger. Das tut weh, aber hilft ja nichts. Letztendlich entscheidet der Kunde. 

D: Ja und der bessere sommerliche Hitzeschutz, den eine Naturfaser bietet, der ist dann halt nicht förderrelevant. Dementsprechend wird er nicht bewertet…

S: Ja, leider. Wenn du jetzt im Parallelregal noch die Mineralwolle verkaufen würdest und die dann auch noch billiger ist, müsstest Du die Leute überzeugen, das teurere zu kaufen, was auch noch schlechtere Dämmwerte hat. Da muss man sich schon ganz schön strecken und gute Argumente haben. 

D: Ja, also gerade im Bereich Dachdämmung würde ich argumentieren, dass Stopfhanf den mit Abstand besten sommerlichen Hitzeschutz bietet. Die Kühlung wird durch den Klimawandel wieder ein großes Thema. Heizen im Winter geht immer, Kühlen im Sommer ist schwierig. Da ist sommerlicher Hitzeschutz durch den richtigen Dämmstoff enorm wichtig. Theoretisch könnte man doch eine Berechnung bzw. Bewertung machen, wie teuer ein Gebäude in der Nutzung ist. Wenn man keine Energie für Kühlung ausgibt, dann wären doch die Mehrkosten für die ökologische Dämmung wieder drin, oder?

S: Das ist bestimmt nicht ganz so einfach, dass in einer Berechnung so darzustellen und eine Schwierigkeit, die man immer hat, dass die Kunden nur eine bestimmte Summe Geld zur Verfügung haben. Sie sind limitiert in ihrem Budget und wollen natürlich möglichst viel machen. 

D: Ja, spätere Einsparungen sind halt spätere.

S: Genau. Wir denken: Investiere lieber jetzt ein bisschen mehr, da hast Du mehr davon. Aber das ist, auch wenn es stimmt, leider oft nicht ausschlaggebend. Das Geld ist halt begrenzt. Wenn Du 150.000 zur Verfügung hast, dir nicht mehr leihen kannst oder willst, dann musst Du halt gucken, was Du mit dem Geld am besten anstellst.

D: Gibt es denn Berufe, die so eine wirtschaftliche Berechnung machen? Macht ein Architekt sowas? 

S: Es gibt Kalkulationssoftware, mit der man das bewerten kann. Aber das gehört jetzt nicht zu einem bestimmten Berufsbild. Nicht zum Architekten, nicht zum Energieberater. Das ist schon eine Spezialleistung dann.

D: Fragt Dich danach mal jemand?

S: Nein.

D: Das wundert mich. Es ist doch super relevant, was das Gebäude im Lebenszyklus kostet. Das ist doch eigentlich viel wichtiger als die Erstinvestition. 

S: Ich glaube, die wenigsten schauen so weit. 

D: Ja, wenn ich zurück denke, wie ich hier die Halle gekauft habe, habe ich auch nicht daran gedacht, was die an Energiekosten verbrauchen wird. Klar habe ich gesehen, hier sind neue und da alte Fenster drin. Aber ich habe mir nicht ausgerechnet, was das kostet und wann sich neue Fenster rentieren. 

S: Ja, so eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ist ja auch schwierig. Der eine muss Geld aufnehmen, die Zinskonditionen sind sehr dynamisch, der nächste hat das Geld in der Schatulle liegen und kann es sofort investieren. Wie entwickeln sich Energiepreise? Das weiß doch auch keiner.

D: Genau, die Dynamik der Energiepreise. 

S: Das hätte ja auch keiner erwartet, was jetzt im letzten Jahr passiert ist. Die durch den zerstörerischen Krieg gegen die Ukraine gestiegenen Energiepreise wirken sich natürlich positiv aufs Klima aus. Es ist gut, dass wir plötzlich von Gas und Kohle wegkommen, auch wenn der Anlass ein trauriger ist.

D: Was ich bemerkt habe: Wir haben bis zu dieser Energiekrise oder der Steigerung der Energiekosten, super viel 60 Steico Internal Dämmung verkauft, weil das den meisten einfach ausgereicht hat. Jetzt verkaufen wir vor allem 80.

S: Ja, spannend. Du kennst ja diese Kurve, also U-Wert im Verhältnis zu Dämmstärke. Da habe ich immer gelernt, dass bei 6cm die beste Ausnutzung zwischen Dämmdicke und U-Wert Verbesserung ist. Irgendwann machen die 2 cm mehr nicht mehr viel aus. Da passiert nicht mehr viel. Aber auf den ersten 6 cm passiert viel. Bauphysikalisch kann ich 6 cm immer gut vertreten, bei 8 cm gucke ich dann immer schon, Wandheizung ja oder nein, geht das wirklich, Fachwerkhaus... und Kosten-Nutzen weiß ich nicht. 

D: Naja, viele Kunden kommen auch einfach her und hatten keinerlei Beratung vorher. Dann sehen sie, ohja, 80 gibt es auch noch. Dann nehmen wir 80 nach dem Motto “Viel hilft viel.” Ich sage immer, die 60er Platte ist völlig unkompliziert in jedem Gebäude einzusetzen. Da macht man nichts mit kaputt. Aber mit der 80er Platte kann man halt schon gerade im Fachwerkhaus einen echten Schaden anrichten, wenn es zu bewittert ist und zu wenig Wärme rankommt. 

S: Ja, das stimmt.

D: So ein ganz normales Wohnhaus aus Backstein, zweischalig gemauert. Da kann man bauphysikalisch weniger kaputt machen, oder? Oder passiert da auch etwas, wenn man zu viel Innendämmung reinmacht? 

S: Man muss sich natürlich die Gesamtkonstruktion angucken, um zu entscheiden, ob etwas funktioniert oder nicht, also bei Witterung fragen: Ist eine Luftschicht da? Was für eine Wasseraufnahmekapazität haben die Steine? Welche Materialien verbaue ich? Welche Temperatur und Luftfeuchtigkeit ist in den Räumen? Man kann das einfach nicht pauschal sagen. Das wäre zu einfach. Das wünschen sich die Kunden natürlich - ist aber leider nicht so einfach.

D: Das ist doch dein Job als Energieberater, sowas dann an der Stelle explizit für ein Haus zu berechnen, oder?

S: Ja, wobei ich natürlich vor allem gucke, dass die Energiekosten sinken. Das ist mein eigentlicher Job als Energieberater. Das andere, ob eine Konstruktion jetzt funktioniert oder nicht, ist eigentlich eher der Job eines Fachingenieurs Bauphysik. Da gibt es durchaus Überschneidungen, aber der Blickwinkel ist ein ganz anderer. 

D: Also ein Bauphysiker ist nicht gleich ein guter Energieberater und umgekehrt. 

S: Ja, ich habe gerade eine Energieberatung für ein denkmalgeschütztes Gebäude in Ratzeburg gemacht. Der Auftraggeber war Architekt und hat sich nach der Energieberatung nochmal gemeldet: Er habe sich Gedanken gemacht. Es gäbe ja eine Luftschicht und man könnte die doch vielleicht einfach ausdämmen. Da habe ich gesagt: “Naja, da wäre ich vorsichtig. Wissen sie denn etwas über den Schlagregenschutz des Mauerwerks?” Da meinte er, er ginge davon aus, dass ich alles dazu weiß. Das ist aber eigentlich keine Energieberatung mehr. Das ist eine Fachplanung Bauphysik. Da muss ich gucken, ob der Feuchteschutz auch gewährleistet ist. Feuchteschutz ist nicht gleich Wärmeschutz. Die Frage nach der Luftschicht kommt immer wieder, weil sie sich ja erstmal (für eine relativ dünne Dämmung) anzubieten scheint, aber viele übersehen eben, dass das nicht immer funktioniert, sondern unter Umständen eben auch zu Problemen führen kann. 

D: Also machst du als Energieberater auch bauphysikalische Beratungen? 

S: Ich entscheide von Fall zu Fall. Wenn ich mir das zutraue, dass ich das guten Gewissens berechnen und einschätzen kann, dann mache ich das mit, aber es kostet natürlich extra. Energieberatung ist das eine, Fachplanung für Bauphysik das andere. 

D: Ok, das ist dann also dein Job als Bauingenieur und nicht mehr als Energieberater. 

S: Genau, als Energieberater könnte ich sagen: “Geil, eine Luftschicht, die dämmen wir aus, dann hat das Haus weniger Energieverbrauch und der Kunde weniger Heizkosten." Damit wäre die Energieberatung theoretisch fertig. Jetzt kommt aber die Bauphysik ins Spiel: Ist das Außenmauerwerk (Westseite, 5 m hoch, ohne Dachüberstand) denn überhaupt wasserfest? Was ist mit der Fuge? 
Folgendes Besispiel: Es kommt auf der Wetterseite Schlagregen auf dien Giebel, die Fuge ist kaum noch vorhanden, das Wasser zieht rein und innen an der Wand sind dann plötzlich nasse Flecken… Der Kunde ärgert sich und beschwert sich beim Energieberater: “Wieso haben sie uns das denn nicht gesagt?” Der Energieberater könnte nun sagen: “Naja, sie wollten wissen, wie sie Heizkosten sparen, sie wollten aber nicht wissen, wie das bauphysikalisch funktioniert. Das haben sie mich nicht gefragt.”

D: Genau. Das ist ja aber auch ein Wissen, was ich mir als Bauherr erst aneignen muss, also WAS ich WEN fragen muss.

S: Das stimmt, aber die Anfrage kam halt von einem Architekten. Ich war davon ausgegangen, dass er den Unterschied zwischen einer Energieberatung und einer bauphysikalischen Beratung kennt.

D: Bei solchen Hinweisen trennt sich dann ja auch die Spreu vom Weizen. 

S: Genau, ganz klassischer Fall sind auch Flachdächer mit Begrünung: Funktioniert es oder nicht? Was ist mit einer feuchtevariablen Dampfbremse? Als Energieberater sage ich: “Naja, du musst einen U-Wert von 014W/m²K erreichen, also brauchst Du 30 cm Dämmung.” Damit bin ich mit meiner Energieberatung durch. Wenn jetzt aber der Aufbau so ist, dass das bauphysikalisch nicht funktionieren kann, weil oben eine Abdichtung drauf ist und die Dampfbremse nicht feuchtevariabel ist, dann bauen die Leute sich einen Bauschaden ein, weil der Energieberater ja nur die Energie beraten hat. 

D:Aber du würdest doch immer darauf hinweisen, wenn du siehst, das geht auf jeden Fall in die Hose, oder?

S: Ja, ich hänge ja mit drin. Mich zurücklehnen und sagen: “Die wollten halt nur wissen, wie sie Energiekosten sparen” ist natürlich eine schwierige Haltung!

D: Ja, da muss ich auch gerade an unsere Baustelle an der Ostsee denken, wo wir die Hanfkalksteine eingebaut haben und es dann bei starkem Schlagregen auch einfach zur Durchfeuchtung auf der Innenseite kam. 

S: Da waren die Dämmsteine aber noch nicht eingebaut, nur die Außensteine waren da. Das Problem war der Anschluss zum Fachwerk. Der Giebel und die Bewitterung auf der Westseite waren vorher nie Thema und auch nicht die Fuge zwischen Ausfachung und dem Holzfachwerk, die man ja nie 100% dicht bekommt. Es gibt natürlich Möglichkeiten, die zu optimieren, z.B. mit Kompriband oder mit Dreikantleiste. Das ist da aber alles nicht eingebaut worden, sondern einfach mit Zementmörtel verfugt und dazu kam dann noch, dass die Eiche vom Fachwerk relativ nass war. 

D: Ok, also das Eichenfachwerk wird stark schwinden, die Zementfuge nimmt keinerlei Feuchtigkeit auf und es läuft einfach durch. Wie habt ihr das gelöst? 

S: Ich weiß gar nicht, was sie schlussendlich gemacht haben. Aber das einfachste wäre meiner Meinung nach gewesen, den Giebel zu verschalen. 

D: Die schönen teuren Steine und das schöne teure Fachwerk einfach verschwinden lassen?

S: Ja, ich bin ja auch zu spät bzw. vielleicht gerade noch gerade rechtzeitig dazu gekommen. Ich bin für die Ausfachung gar nicht hinzugezogen worden. Der Maurer hat behauptet, Erfahrungen in der Fachwerksanierung zu haben und hat es halt so empfohlen. Als ich dazu gekommen bin, habe ich gesagt, das einfachste wäre nun wohl, den Giebel auf der Westseite mit Holz zu verschalen. Hilft ja nix. Der Kunde wollte halt auch Geld sparen und weder der Architekt noch ich hatten einen richtigen Auftrag, sodass keiner sich so richtig zuständig gefühlt hat.

D: Oh nein, so richtig an falscher Stelle gespart. 

S: Ja, Fachwerkgebäude sind halt einfach eine Herausforderung. 

D: Alte Fachwerkhäuser haben ja auch viel Lehm auf der Innenseite der Gefache, der würde ganz viel Feuchtigkeit puffern, aber eben nur, wenn nicht zu viel gedämmt wird und die Feuchtigkeit in beide Richtungen abtrocknen darf. 

S: Ja, das ist wichtig. Wenn wir jetzt 20 cm mit einer Dampfbremse machen, dann kann man davon ausgehen, dass nach innen gar nichts mehr abtrocknet. Deswegen muss die Dämmstärke reduziert werden.

D: Was würdest du dir denn so an Veränderungen wünschen? Wir haben ja anfangs über die ökologischen Baustoffe gesprochen. Dass die nicht explizit gefördert werden, war mir überhaupt nicht bewusst. Das wäre jetzt mal direkt ein Wunsch von mir. Was würdest du dir an Verbesserungen der Förderrichtlinien wünschen?

S: Puh, ich selbst bin natürlich auch ein großer Freund von Naturbaustoffen und ökologischen Materialien. Das versuche ich auch immer mit einzubringen in die Beratung. 

D: Darfst du eigentlich Produktempfehlungen geben? 

S: Nein, ich muss produktunabhängig beraten. 

D: Ok, was darfst du sagen? Verwenden Sie am Besten einen Naturdämmstoff mit der Wärmeleitgruppe xy?

S: Ja, das wäre wohl die unverfänglichste Methode. Ich empfehle schon die Art des Dämmstoffes. Ich bin z.B. ein großer Fan von Kalkdämmputzen. Die empfehle ich gerne. Meistens haben die Leute noch nichts davon gehört und dann sage ich, es gibt den und den Hersteller. Da können sie mal gucken. 

D: Würde dir da so eine rechtliche Sicherheit helfen, dass du Produkte empfehlen darfst? 

S: Ich finde das gar nicht schlecht, dass die Beratung produktneutral sein soll. Ich möchte nicht, dass die Lobbyisten bei mir vor der Tür stehen und sagen: “Empfiehl doch mal meinen Baustoff.” Dann habe ich ständig Post von Rockwool im Briefkasten. Ich bin ganz froh, dass das nicht so ist. Es gibt ja auch immer noch ein Verbot für Handwerker, dass sie nicht Energieberater und Verarbeiter zugleich sein dürfen. Z. B. darf ich als Zimmermann nicht gleichzeitig auch noch Energieberater sein und dann dem Kunden sein Dach mit dem Dämmstoff dämmen, den ich vorher beraten habe. 

D: Klar, da gibt es dann keine Kontrollinstanz mehr und das ist nicht mehr produktneutral. 

S: Genau, ich finde das grundsätzlich gut, dass das so ist. Natürlich habe ich Favoriten bei den Materialien und ich lass dann auch mal einen Begriff fallen, aber in den schriftlichen Ausarbeitungen habe ich nie etwas drin. Da steht dann 30 cm mit Wärmeleitgruppe 040, wobei ich finde, das ist auch schon ein Hinweis. ich könnte ja auch schreiben 24 cm mit 034. Das mach ich nicht. Ich nehme immer die 040er mit einem dickeren Dämmaufbau, weil ich der Meinung bin, dass die Kunden dann die Möglichkeit haben, sich auch für Naturbaustoffe zu entscheiden. Zurück zu Deiner Ausgangsfrage: Ich fände es grundsätzlich nicht schlecht, wenn die Primärenergie der Baustoffe irgendwie in die Bewertung eingehen würde. Allerdings weiß ich nicht genau, an welcher Stelle man das berücksichtigen könnte. Das müsste auch über ein Punktesystem gehen. Das ist natürlich ein hoher bürokratischer Aufwand. Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Und dann muss ja auch noch jemand zertifizieren, dass der Baustoff ökologisch ist. Wann ist er ökologisch?

D: Genau, die Baustoffe müssen vorher eine Prüfung durchlaufen, um eine Punktezahl zu bekommen, und diese Punkte addieren sich im Gebäude dann auf Summe x, und wenn du summe y erreichst, bist du besser. 

S: Ja, gut, aber wenn ich mir jetzt mal konkret Baustoffe anschaue z. B. Thermohanf. Die haben halt als Stützfasern aus Kunststoff in ihre Hanfmatten eingebaut. Ist das jetzt noch ein Ökobaustoff oder nicht? Das finde ich schwierig zu bewerten. 

D: Ja und dann noch die Transportwege. Was bedeutet es, wenn ein Material von Niedersachsen bis in die Niederlande fährt, um aufgefasert zu werden, und dann weiter nach Baden Württemberg, um zu Plattenmaterial verarbeitet zu werden, und dann wieder zurück nach Niedersachsen, um hier verkauft und verbaut zu werden?

S: Ja, die Transportgeschichten sind auch schwierig. Steico lässt in Tschechien produzieren. Am konsequentesten finde ich hier Strohballenbau wie etwa bei Dirk Scharmer, der baut Stroh aus lokalem Anbau ein, innen Lehmputz, außen Kalkputz. Da ist nix, keine Folie. Aber das sind halt Nischen. 

D: Ja, damit kannst du nicht die Wohnungsnot, die gerade in Deutschland herrscht, bekämpfen. 

S: Anderes Beispiel: OSB Platten. Ist das ein ökologischer Baustoff? 

D: Nein, das ist kein ökologischer Baustoff. 

S: Naja, es ist ein Holzprodukt und hat sicher seine Berechtigung. Aber da ist wer weiß was drin. 

D: Ein Holzmischprodukt, aber diese Definitionen gibt es halt noch nicht. Ich bin auch immer wieder auf der Suche nach reinen ökologischen Baustoffen, die funktionieren. Aber dann müssen die ja eine Zertifizierung haben.

S: Siehste, ich wollte Dir doch noch was mitbringen. Wir waren auf Mallorca und da am Strand gibt es doch diese Kugeln. Neptutherm vertreibt die Dinger. Haben wir am Strand einfach eingesammelt. 

D: Ja, cool. Aber hier in Deutschland muss ein Baustoff immer gleich sein, genormt, er muss Sicherheit und Gewährleistung auch dem Handwerker geben. Da kann man leider schlecht mit einem in der Natur gesammelten Rohstoff arbeiten und daraus einen Baustoff machen. 

S: Ich weiß gar nicht, wie Neptutherm das macht.

D: Steico Internal ist ja auch ein Mischprodukt wie die OSB Platte. Die Platten sind gepresst und immer in 2 cm Lagen verklebt. Es muss halt immer auch vernünftig verarbeitbar sein. Oder Hiss Reet, wo Du mal gearbeitet hast, das ist doch auch ein Baustoff, da kannst du reingucken und sehen, was drin ist. 

S: Ja, das ist ein ehrlicher Baustoff. Allerdings muss er aus der Türkei transportiert werden und von der Verarbeitung her ist er nicht ganz so anwenderfreundlich wie eine Weichfaserplatte. Das ist natürlich das, womit sich die Schilfrohrplatte messen muss. Der Dämmwert ist nicht ganz so gut und die Verarbeitung schwieriger.

D: Haben Hiss eine Zulassung? 

S: Ja, da hat Hiss Reet damals viel Zeit und Arbeit reingesteckt. Die Zulassung ist auch nochmal verlängert worden. Hiss Reet hat da relativ viel Geld reingesteckt und wollte den Baustoff nochmal mehr nach vorne bringen. Aber er hat eben auch Nachteile und ist einfach teuer. Nicht konkurrenzfähig gegenüber Weichfaser, aber ja, ein ehrliches Naturmaterial.

D: Die Kosten kommen ja durch die geringe Menge und da dreht sich das im Kreis. Wäre die Menge höher, würden wir auch wieder ein Anbauproblem bekommen. Das merke ich ja oft im Frühjahr, wenn das Schilfrohr einfach noch nicht wieder hier ist. S: Seegras kannst du auch noch nehmen.

D: Hat auch wieder keine Zulassung. Wir haben ja unser ganzes Wohnhaus mit Seegras gedämmt, insgesamt 10 Ballen. Ist warm und gut, aber beim Verarbeiten so viel Staub. Ich wurde etwas skeptisch, weil mir das Seegras sehr brüchig erschien und ich nicht weiß, wie sich das verhölt, wenn es sich setzt. Trotzdem den ökologischen Ansatz dahinter finde ich total genial. Keine Primärenergie, nicht behandelt, eingesammelt, getrocknet und im Endeffekt entsorgt. Den Strandbetreibern ist es ja im Weg. So muss man es doch machen! Wenn man sich überlegt, wieviele Bäume für die Steicowerke gefällt werden, damit wir Innendämmung haben… Ein Abfallprodukt wie Seegras ist da schon deutlich schöner. Oder halt Hanf, der so rasant schnell wächst und dabei dem Boden noch Gutes tut. 

S: Ja, diese Hanffaser ist auch ein ehrliches Naturprodukt. Das sind auch Überzeugungstäter, oder?

D: Ja, aber auch Nischenkönige. Reiner Rohstoff, der zu Baustoffen weiterverarbeitet wird: Schüttung für Fachwerkinnendämmung als trockener Rohstoff, den du direkt weiterverarbeiten kannst. Leichtlehm für den Fußboden, super Trittschalldämmung! Schon toll! 

S: Auf jeden Fall!

D: Danke für das spannende Gespräch, Stefan!

S: Ja, danke für den schönen Abend! 

D: Vielleicht sollten wir ein Podcast machen, es macht Spaß mit dir zu quatschen.

Dieses Lichtspiel im Lehm ist einfach toll
Ein Gespräch über edle Oberflächen und Fachkräftemangel mit Hermann und Oskar von Lehmbau Gärtner